Seit über 3 Wochen fahre ich nun täglich die gleiche Strecke mit dem Zug. Nach ein paar Tagen merkt man sich einige der Leute, die ebenso täglich mit dem gleichen Zug zur Arbeit bzw. zur Schule fahren. Eine Person ist mir dabei besonders aufgefallen, so schnell werde ich sie auch wohl nicht vergessen.
Es handelt sich um eine Frau, die täglich ihr Kind zum Zug bringt. An sich nichts ungewöhnliches, aber diese Frau ist besonders. Am ersten Tag dachte ich, das sei eine Ausnahme, mittlerweile habe ich aber festgestellt, dass sich dieses Schauspiel jeden Morgen wiederholt. Ihr Kind, ein Bub, ca 10 Jahre alt, steigt nach ca. der Hälfte der Strecke, die ich zu fahren habe, ein. Der Bub scheint ein sehr ruhiges, wohlerzogenes Kind zu sein. Er steigt ein, grüsst, fragt (da das Platzangebot schon sehr beschränkt ist, wenn er zusteigt) sehr freundlich ob er sich bitte hinsetzen darf und zieht ein Buch oder ein Heft aus dem Rucksack und liest. Kurz vor der Endstation räumt er das Buch bzw. das Heft wieder weg, steigt ruhig und ohne zu drängeln oder zu rennen aus, geht zur Bim-Haltestelle, wartet am Weg zur Haltestelle immer auf eine grüne Fussgängerampel, drängt auch beim Einsteigen in die Bim nicht... ich nehme an, dass setzt sich so fort bis er bei seiner Schule bzw. später am Nachmittag wieder zu Hause ist (bei der Bim-Station trennen sich unsere Wege). Als Mutter bzw. als Eltern sollte man also einigermassen beruhigt sein, wenn man so ein Kind auf den Schulweg schickt, auch wenn dieser etwas weiter von zu Hause entfernt ist (in dem Fall ca. 25 km).
Im Gegensatz dazu steigen ein paar Stationen vor dem Bub 3 oder 4 Kinder im ca. gleichen Alter ein, schon von weitem sieht man sie am Bahnsteig rumlaufen, sich gegenseitig schupfen, dann steigen sie ein und laufen und brüllen zuerst mal durch den ganzen Zug. Vom Zug raus wird gedrängelt und gestossen, genauso später dann bei der Bim. Auf die grüne Fussgängerampel warten sie nicht, denn "die Autos müssen sowieso stehenbleiben". Das "Vor der Bim auf die Gleise springen bzw. sich gegenseitig vor die Bim stossen" dürfte bei ihnen zur Normalität gehören. Das sei aber nur nebenbei erwähnt, um die Kinder geht es nicht - sozusagen nur zum Vergleich.
Aber wieder zurück zu dem Buben: Man sollte glauben, seine Mutter kann ihn mit ruhigem Gewissen und wenig Sorgen "loslassen". Aber ganz das Gegenteil ist der Fall - täglich steht sie atemlos am Bahnsteig, mit weit aufgerissenen Augen und vollkommen verängstigten Blick... die pure Angst ist ihr ins Gesicht geschrieben. Ihrem Gesichtsausdruck nach sieht sie nicht ihr Kind, das sich gerade hinsetzt sondern ihr Kind, dem gerade ein Messer an den Hals gehalten wird. Ganz aufgeregt rennt sie aussen den Waggon auf und ab um zu sehen, wo ihr Kind sitzt, weil sie aber so klein ist, sieht sie es nicht so recht, so muss sie alle paar Schritte in die Höhe springen um einen kleinen Blick nach innen zu erhaschen. Wenn der Zug dann anfährt winkt sie ihm mit einem weissen Tuch nach, bis er nicht mehr zu sehen ist.
Aber nicht nur ich hab das bemerkt - scheinbar fällt die Frau jedem der regelmässig mitfährt auf (und das sind ca 400 Leute). In der ersten Woche, in der ich mitgefahren bin, haben vor allem die Schüler (so gut wie alle in höheren Schulen) zurückgewunken, als sie dem Zug nachgewunken hat. Mittlerweile winken ihr allmorgendlich ca. 200 Leute zu, teilweise reissen sie sogar die Fenster auf zum Winken.
Einerseits ist das ganze ja zum Schmunzeln. Die Frau rennt ausserhalb des Waggons herum wie eine Glucke, die sich Sorgen um ihr Küken macht.
Andererseits - ich habe noch nie so viel Angst im Gesicht einer Frau gesehen wie bei ihr. Das ist wirklich extrem, und das wiederholt sich jeden Tag. Dem Bub dürfte es nicht viel ausmachen, vielleicht ist er es schon gewohnt. Ich aber frage mich jeden Tag aufs neue, was dieser Frau so unendlich viel Angst macht...
Es handelt sich um eine Frau, die täglich ihr Kind zum Zug bringt. An sich nichts ungewöhnliches, aber diese Frau ist besonders. Am ersten Tag dachte ich, das sei eine Ausnahme, mittlerweile habe ich aber festgestellt, dass sich dieses Schauspiel jeden Morgen wiederholt. Ihr Kind, ein Bub, ca 10 Jahre alt, steigt nach ca. der Hälfte der Strecke, die ich zu fahren habe, ein. Der Bub scheint ein sehr ruhiges, wohlerzogenes Kind zu sein. Er steigt ein, grüsst, fragt (da das Platzangebot schon sehr beschränkt ist, wenn er zusteigt) sehr freundlich ob er sich bitte hinsetzen darf und zieht ein Buch oder ein Heft aus dem Rucksack und liest. Kurz vor der Endstation räumt er das Buch bzw. das Heft wieder weg, steigt ruhig und ohne zu drängeln oder zu rennen aus, geht zur Bim-Haltestelle, wartet am Weg zur Haltestelle immer auf eine grüne Fussgängerampel, drängt auch beim Einsteigen in die Bim nicht... ich nehme an, dass setzt sich so fort bis er bei seiner Schule bzw. später am Nachmittag wieder zu Hause ist (bei der Bim-Station trennen sich unsere Wege). Als Mutter bzw. als Eltern sollte man also einigermassen beruhigt sein, wenn man so ein Kind auf den Schulweg schickt, auch wenn dieser etwas weiter von zu Hause entfernt ist (in dem Fall ca. 25 km).
Im Gegensatz dazu steigen ein paar Stationen vor dem Bub 3 oder 4 Kinder im ca. gleichen Alter ein, schon von weitem sieht man sie am Bahnsteig rumlaufen, sich gegenseitig schupfen, dann steigen sie ein und laufen und brüllen zuerst mal durch den ganzen Zug. Vom Zug raus wird gedrängelt und gestossen, genauso später dann bei der Bim. Auf die grüne Fussgängerampel warten sie nicht, denn "die Autos müssen sowieso stehenbleiben". Das "Vor der Bim auf die Gleise springen bzw. sich gegenseitig vor die Bim stossen" dürfte bei ihnen zur Normalität gehören. Das sei aber nur nebenbei erwähnt, um die Kinder geht es nicht - sozusagen nur zum Vergleich.
Aber wieder zurück zu dem Buben: Man sollte glauben, seine Mutter kann ihn mit ruhigem Gewissen und wenig Sorgen "loslassen". Aber ganz das Gegenteil ist der Fall - täglich steht sie atemlos am Bahnsteig, mit weit aufgerissenen Augen und vollkommen verängstigten Blick... die pure Angst ist ihr ins Gesicht geschrieben. Ihrem Gesichtsausdruck nach sieht sie nicht ihr Kind, das sich gerade hinsetzt sondern ihr Kind, dem gerade ein Messer an den Hals gehalten wird. Ganz aufgeregt rennt sie aussen den Waggon auf und ab um zu sehen, wo ihr Kind sitzt, weil sie aber so klein ist, sieht sie es nicht so recht, so muss sie alle paar Schritte in die Höhe springen um einen kleinen Blick nach innen zu erhaschen. Wenn der Zug dann anfährt winkt sie ihm mit einem weissen Tuch nach, bis er nicht mehr zu sehen ist.
Aber nicht nur ich hab das bemerkt - scheinbar fällt die Frau jedem der regelmässig mitfährt auf (und das sind ca 400 Leute). In der ersten Woche, in der ich mitgefahren bin, haben vor allem die Schüler (so gut wie alle in höheren Schulen) zurückgewunken, als sie dem Zug nachgewunken hat. Mittlerweile winken ihr allmorgendlich ca. 200 Leute zu, teilweise reissen sie sogar die Fenster auf zum Winken.
Einerseits ist das ganze ja zum Schmunzeln. Die Frau rennt ausserhalb des Waggons herum wie eine Glucke, die sich Sorgen um ihr Küken macht.
Andererseits - ich habe noch nie so viel Angst im Gesicht einer Frau gesehen wie bei ihr. Das ist wirklich extrem, und das wiederholt sich jeden Tag. Dem Bub dürfte es nicht viel ausmachen, vielleicht ist er es schon gewohnt. Ich aber frage mich jeden Tag aufs neue, was dieser Frau so unendlich viel Angst macht...
SuperWeib - am Montag, 30. April 2007, 22:22 - Rubrik: Superweib's Dies und Das